Im Fall eines konzerninternen Darlehens übt ein Darlehensgeber bei der Entscheidung, ob und zu welchen Bedingungen eine Mittelausreichung erfolgen soll, nicht unbedingt alle Funktionen genauso intensiv aus wie ein unabhängiger Darlehensgeber. Um zu beurteilen, ob ein Darlehen zu Bedingungen vergeben wurde, die auch zwischen unabhängigen Unternehmen vereinbart worden wären, sind jedoch die gleichen kaufmännischen Erwägungen und wirtschaftlichen Umstände maßgeblich.
Fragen und Antworten zu konzerninternen Darlehen
Hier finden Sie Informationen zu verschiedenen Themen aus dem Bereich der Verrechnungspreise im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Transaktionen. Diese Informationen dienen der Klärung ausgewählter Fragen. Sie sind allgemeiner Natur und können für sich allein keine Grundlage für die steuerliche Beurteilung eines Sachverhalts bilden.
Bestimmte von der ESTV herausgegebene Verwaltungsanweisungen sind auf den Bereich der Finanztransaktionen anwendbar. Es handelt sich dabei um die jährlich von der ESTV veröffentlichten Rundschreiben über die steuerlich anerkannten Zinssätze für Vorschüsse oder Darlehen in Schweizer Franken und Fremdwährungen und das Kreisschreiben der ESTV Nr. 6 vom 6. Juni 1997 über verdecktes Eigenkapital bei Kapitalgesellschaften und Genossenschaften. Diese Verwaltungsanweisungen stellen «Safe-Harbour»-Regelungen dar, die für ausländische Steuerbehörden nicht bindend sind.
Die OECD-Verrechnungspreisleitlinien enthalten in Kapitel X spezifische Leitlinien für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf konzerninterne Finanztransaktionen, insbesondere auf Treasury-Aktivitäten, einschliesslich konzerninterner Darlehen.
Die Rundschreiben der ESTV zu den steuerlich anerkannten Zinssätzen für Vorschüsse oder Darlehen in Schweizer Franken und Fremdwährungen beinhalten Zinssätze für verschiedene Kategorien von Transaktionen und sollen die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes vereinfachen. Entscheidet sich der Steuerpflichtige für ihre Anwendung, muss er nicht nachweisen, dass der auf eine Transaktion angewandte Zinssatz dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht, und es ist keine Verrechnungspreisanalyse erforderlich, sofern die betreffende Transaktion in den Anwendungsbereich des Rundschreibens fällt und der angewandte Zinssatz mit den Sätzen des Rundschreibens im Einklang steht.
Im Gegenteil begründet die Nichteinhaltung dieser Zinssätze eine widerlegbare Vermutung, dass der Fremdvergleichsgrundsatz nicht eingehalten wird. Vor diesem Hintergrund hat der Steuerpflichtige die Möglichkeit nachzuweisen, dass die Transaktion dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht, und es wird erwartet, dass er durch eine Verrechnungspreisanalyse zeigt, dass der anzuwendende Zinssatz dem marktüblichen Zinssatz und damit dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht.
Ob ein Zinssatz, der von den in den Rundschreiben der ESTV vorgesehenen Zinssätzen abweicht, mit dem Fremdvergleichsgrundsatz vereinbar ist, kann durch eine Verrechnungspreisstudie nachgewiesen werden. In der Praxis wird erwartet, dass eine solche Studie mindestens folgende Elemente umfasst:
- Eine detaillierte Beschreibung der Hauptmerkmale der relevanten Transaktion, die sich auf den Zinssatz auswirken könnten. Diese Beschreibung ist notwendig, um die wichtigsten Faktoren für die Vergleichbarkeit zu ermitteln und die Transaktion abzugrenzen. Zu diesen Faktoren gehören die Laufzeit des Darlehens, die Währung, das Emissionsdatum, das Kreditrating des Darlehensnehmers und das Vorhandensein von Garantien und/oder Sicherheiten.
- Eine Analyse des Kreditratings des Darlehensnehmers.
- Eine Suche nach vergleichbaren Transaktionen, die unter Berücksichtigung der wichtigsten Vergleichbarkeitsfaktoren erstellt wird.
Die Wahl der Währung wird einzelfallbezogen beurteilt. Dabei sind die Umstände zum Zeitpunkt der Transaktion zu berücksichtigen. Es dürfen nicht allein steuerliche Gründe für die Wahl einer Fremdwährung ausschlaggebend sein.
Insbesondere in folgenden Fällen kann die Aufnahme eines Darlehens in einer Fremdwährung gerechtfertigt sein:
- Es handelt sich bei der Fremdwährung um die funktionale Währung des Unternehmens.
- Die Fremdwährung ermöglicht dem Unternehmen günstigere Konditionen. Dabei sollten jedoch die Kosten für die Absicherung des Wechselkursrisikos berücksichtigt werden.
- Es handelt sich bei der Fremdwährung um die Währung der Haupteinkünfte, welche aus der Nutzung eines durch das Darlehen finanzierten Vermögenswerts resultieren.
Im Rahmen einer Verrechnungspreisanalyse ist es wichtig, zwischen dem Rating eines Darlehensnehmers (Issuer Credit Rating) und dem Rating einer Finanztransaktion (Issue Credit Rating) zu unterscheiden.
Der Hauptunterschied besteht darin, dass das Rating einer Transaktion, welches auf dem Rating des Darlehensnehmers basiert, die Besonderheiten der Transaktion und deren Auswirkungen auf das vom Darlehensgeber übernommene Kreditrisiko berücksichtigt. Das Rating einer Transaktion kann dadurch besser ausfallen, als dasjenige des Darlehensnehmers. Beispielsweise kann ein Darlehensvertrag eine Garantie oder eine vorrangige/privilegierte Rückzahlung vorsehen, die das Kreditrisiko verringern und so das Rating verbessern. In anderen Fällen kann jedoch auch das Rating des Darlehensnehmers besser ausfallen, als dasjenige einer Transaktion. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Nachrangigkeit eines Darlehens besteht und der Darlehensgeber erst nach Tilgung anderer Darlehen bedient wird.
Es wird empfohlen, das Rating einer Finanztransaktion (und nicht das Rating eines Darlehensnehmers) zu verwenden, um einen marktüblichen Zinssatz festzulegen.
Liegt ein Rating einer unabhängigen Ratingagentur für einen Darlehensnehmer vor, ist dieses zu verwenden.
Fehlt ein solches, muss eine Schätzung des Ratings vorgenommen werden. Dazu gibt es verschiedene Ansätze:
- Rückgriff auf Methoden, die von Ratingagenturen festgelegt und verwendet werden;
- Einsatz von Finanzsoftware mit welcher sich das Rating hauptsächlich anhand statistischer Modelle schätzen lässt.
Es wird empfohlen, eine der von Ratingagenturen verwendeten Methoden anzuwenden. Die Verwendung von Finanzsoftware ist jedoch nicht ausgeschlossen, sofern die Zuverlässigkeit der Ergebnisse nachgewiesen werden kann.
Das Rating eines Darlehensnehmers ist ein Hilfsmittel zur Ermittlung seiner künftigen Zahlungsfähigkeit. Daher ist es wichtig, die Auswirkungen künftiger Transaktionen auf die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung und die Treasury-Funktion des Darlehensnehmers zu berücksichtigen.
Es ist jedoch angemessen, bei der Ermittlung des Ratings auf historische Finanzdaten abzustellen, wenn diese als hinreichend repräsentativ für zukünftige Finanzdaten angesehen werden können.
Jede Ratingagentur verwendet ihren eigenen Standard. Für die verschiedenen Standards gibt es zuverlässige Vergleichstabellen, mit denen ein Rating in den einen oder anderen Standard umgerechnet werden kann. Die Ratings potenzieller Vergleichstransaktionen sind meist in einem der von den Ratingagenturen vorgegebenen Standards aufgeführt.
Es wird daher empfohlen, für ein Rating den Standard einer der Ratingagenturen zu verwenden. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, andere Standards zu verwenden, wenn nachweislich eine zuverlässige Vergleichs- resp. Umrechnungstabelle existiert. Der Rückgriff auf solche anderen Standards sollte jedoch die Suche nach Vergleichswerten ermöglichen, ohne die Zuverlässigkeit der Ergebnisse zu beeinträchtigen.
Banken unterliegen besonderen Vorschriften, um ihre Kapitalstärke gegenüber bestimmten Risiken zu gewährleisten und die Kunden vor dem Zahlungsunfähigkeitsrisiko der Bank zu schützen. Sie benötigen einen internen Prozess für die zuverlässige Beurteilung der Kreditanträge von Unternehmen. Dazu gehört ein Ratingsystem. Gestützt darauf legen die Banken die Bedingungen fest, unter denen sie unabhängige Unternehmen finanzieren. Interne Ratings von Steuerpflichtigen im Bankensektor können als Vergleichswerte akzeptiert werden, wenn diese nachweislich nach der gleichen Methode geschätzt wurden, wie sie für die Zinssatzfestlegung verwendet wird.
Die implizite Unterstützung (Konzernrückhalt) wirkt sich auf die Bonität einer Gesellschaft und damit auf ihr Kreditrating aus. Sie muss deshalb bei der Rating-Schätzung eines Darlehensnehmers berücksichtigt werden, denn dieses Rating bestimmt bis zu einem gewissen Grad den Zinssatz, zu dem der Darlehensnehmer das Darlehen erhält.
Die implizite Unterstützung muss von Fall zu Fall beurteilt werden. Sie kommt nicht unbedingt allen Gesellschaften des Konzerns im selben Umfang zugute. Stellt sich heraus, dass ein Darlehensnehmer implizite Unterstützung erhält, muss dessen Rating entsprechend angepasst werden.
Das Rating einer Gesellschaft muss so vorgenommen werden, als wäre sie nicht Teil eines Konzerns (d. h. «on a standalone basis»). Eine allfällige implizite Unterstützung muss dabei jedoch berücksichtigt werden.
In Ausnahmefällen kann das Konzernrating (Group Credit Rating) für das Rating eines Darlehensnehmers verwendet werden. Es muss jedoch nachgewiesen werden, dass es sich dabei unter Berücksichtigung aller Fakten und Umstände um den zuverlässigsten Indikator handelt. Insbesondere dürfen sich die Bonitätsindikatoren der Gesellschaft nicht von denjenigen des Konzerns unterscheiden (z. B. bei Strukturen, bei welcher die Gruppe durch eine Reihe von Zwischenholdings gehalten wird).
Es ist wenig wahrscheinlich, dass es auf dem Markt nur einen Zinssatz für eine bestimmte Transaktion gibt. Daher ist es üblich, eine Bandbreite von Fremdvergleichszinssätzen festzulegen. Liegt der angewendete Zins in der Interquartilsbandbreite, wird er praxisgemäss steuerlich anerkannt. Der Steuerpflichtige muss festlegen, welchen konkreten Zinssatz er anwenden will, und seine Wahl begründen. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob der festgesetzte Zinssatz demjenigen entspricht, den ein unabhängiger Darlehensnehmer (unter Berücksichtigung der Bedingungen der Transaktion) bei einem fremden Dritten erhalten hätte und den er bereit wäre, unter anderen realistischen Optionen zu akzeptieren, ausgehend von der Annahme, dass er seine gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten (WACC) optimieren will.
In Bezug auf Finanztransaktionen beschreibt die OECD, welche spezifischen Methoden zur Bestimmung eines Zinssatzes verwendet werden:
- Die Preisvergleichsmethode (Comparable Uncontrolled Price Method, CUP-Methode): Laut OECD ist die CUP-Methode für Finanztransaktionen einfacher anwendbar als für andere Transaktionsarten, was auf die Vielzahl von Märkten und die Verfügbarkeit von Informationen für diese Art von Transaktionen zurückzuführen ist. Entsprechend ist die Anwendung der CUP-Methode in der Praxis weit verbreitet und wird oft bevorzugt. Die Anwendung der CUP-Methode setzt die Ermittlung von internen oder externen Vergleichswerten voraus.
Je nach Gegebenheiten und Umständen sind auch andere Methoden nicht ausgeschlossen. Die OECD nennt diesbezüglich folgende Methoden:
- Geldbeschaffungskosten (Cost of Funds).
- Die Verwendung von Credit Default Swaps: Die sogenannten Credit Default Swaps sind Finanzinstrumente, die mit Versicherungsverträgen für die Übernahme von Kreditrisiken gegen eine Risikoprämie vergleichbar sind. Die Ergebnisse können unzuverlässig sein, da der begrenzte Liquiditätsgrad auf den Märkten für diese Art von Instrumenten – wie von der OECD ausgeführt – zu einer hohen Volatilität führt. So kann der für diese Finanzinstrumente angewandte Spread teilweise das Liquiditätsproblem widerspiegeln, das auf den Märkten für diese Instrumente beobachtet wird. In diesem Fall ist er nicht repräsentativ für die Marktbedingungen. Die Verwendung von Credit Default Swaps wird nicht empfohlen.
Dabei handelt es sich nicht um eine tatsächliche Transaktion, da die Parteien keinen Vertrag abschliessen. Das Kriterium der Vergleichbarkeit ist daher nicht erfüllt. Darüber hinaus geht aus einer Bank Opinion nicht hervor, ob ein unabhängiger Darlehensnehmer die gleichen Bedingungen akzeptieren würde oder ob es andere, vorteilhaftere Alternativen gäbe.
Vor diesem Hintergrund kann die Stellungnahme einer Bank (Bank Opinion) nur in Ausnahmefällen als Ausgangspunkt dienen, ist aber nicht ausreichend, um die Einhaltung des Fremdvergleichsgrundsatzes nachzuweisen. Daher wird die Anwendung dieser Methode nicht empfohlen.
Die Anwendung der CUP-Methode setzt die Ermittlung von internen oder externen Vergleichswerten voraus. Als Vergleichstransaktionen akzeptiert die ESTV auf den Märkten ausgegebene Obligationen sowie private Finanztransaktionen, deren Angaben in Datenbanken verfügbar sind.
Zur Ermittlung interner oder externer Vergleichstransaktionen sind die Auswahlkriterien, die einen Einfluss auf den Zinssatz haben, ausgehend von den wichtigsten Vergleichbarkeitsfaktoren, festzulegen. Wesentliche Kriterien sind:
- Rating
- Effektive (Rest-)Laufzeit
- Währung
- Ausgabedatum der Transaktion.
Wurden Vergleichstransaktionen ermittelt, muss bestimmt werden: i) welche Referenzwerte verwendet werden sollen und ii) ob zur Ermittlung eines Fremdvergleichszinssatzes eine Anpassung erforderlich ist. Es kommen zwei Arten von Referenzwerten in Frage:
- Der bei den vergleichbaren Transaktionen angewendete Zinssatz: Dieser wird zum Zeitpunkt des Abschlusses der jeweiligen Transaktion festgelegt. Er entspricht der von den Märkten zu diesem Zeitpunkt erwarteten Rendite für diese Art von Transaktion bei Annahme eines Verkaufs zum Nennwert. Dieser Zinssatz bildet jedoch die Marktbedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nicht ab. Deshalb wird von der Verwendung des Zinssatzes von Vergleichstransaktionen abgeraten, die nicht zeitnah zu der geprüften Transaktion getätigt wurden.
- Die für Vergleichstransaktionen berechneten Renditen: Es wird empfohlen, Renditen zu verwenden, die zu einem Zeitpunkt berechnet werden, der nahe an dem der geprüften Transaktion liegt. Diese Renditen bilden die aktuellen Marktbedingungen ab, unabhängig davon, wann die vergleichbaren Transaktionen ausgegeben/durchgeführt wurden. Aufgrund der Volatilität der Märkte sollten diese Renditen über einen gewissen Zeitraum berechnet und ein Durchschnitt verwendet werden, um die Zuverlässigkeit der Ergebnisse zu erhöhen.
Es ist nicht einfach, Vergleichswerte in Schweizer Franken zu finden. Deshalb können auch Vergleichswerte in anderen Währungen verwendet werden. Angesichts der Nähe und wirtschaftlichen Verflechtung zwischen der Schweiz und der EU wird die Verwendung von Vergleichswerten in Euro empfohlen.
In diesem Fall ist eine verlässliche Anpassung der Ergebnisse notwendig, um die Vergleichbarkeit zu verbessern. In der Praxis ist es in den meisten Fällen zweckmässig, eine Anpassung vorzunehmen, die der Differenz zwischen einem Swap-Zinssatz in Schweizer Franken und einem Swap-Zinssatz in Euro für dieselbe Laufzeit entspricht.
Parteien, die einen Darlehensvertrag abgeschlossen haben, können eine Klausel in den Vertrag aufnehmen, die sie unter bestimmten Bedingungen zur teilweisen oder vollständigen Rückzahlung des Darlehens vor dessen Fälligkeit berechtigt.
Die Auswirkungen von vorzeitigen Rückzahlungsklauseln auf den Fremdvergleichszinssatz sind zu berücksichtigen. Daher ist zu bestimmen, wer von der Klausel profitiert und ob ein tatsächlicher Nutzen besteht. Dabei sind verschiedene Faktoren, wie unter anderem das wirtschaftliche Umfeld, mit einzubeziehen. Wenn die Märkte beispielsweise einen deutlichen Anstieg der Zinssätze erwarten, ist es wahrscheinlich, dass der Darlehensgeber die Rückzahlungsklausel aktiviert und daraus einen Nutzen zieht. Folglich ist es in einem solchen Kontext wahrscheinlich, dass der Darlehensgeber eher geneigt ist im Umfang, in dem das mit dem Darlehen verbundene Risiko durch die Klausel minimiert wird, einen günstigeren Zinssatz zu akzeptieren. Umgekehrt und unter den gleichen Umständen würde ein Darlehensnehmer eher zögern, eine solche Klausel auszuhandeln. Schliesslich erscheinen Rückzahlungsklauseln für kurzfristige, variabel verzinsliche Darlehen insofern unrealistisch, als das mit der Zinsvolatilität verbundene Risiko in diesem Zusammenhang geringer ist. Eine Klausel zum Schutz vor diesem Risiko scheint daher nicht zweckmässig.
Trotz der Abschaffung des LIBOR vergeben die Banken weiterhin Darlehen mit variablem Zinssatz. Somit entspricht die Anwendung eines variablen Zinssatzes dem Fremdvergleichsgrundsatz unter der Voraussetzung, dass der angewandte Zinssatz ebenfalls dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht.
Es ist wichtig, einen Referenzzinssatz zu verwenden, der denjenigen gleichwertig ist, die in der Praxis von Bankinstituten als Ersatz für den LIBOR verwendet werden. Diese Sätze werden nach neuen Marktstandards bestimmt, die von Börseninstituten oder Zentralbanken festgelegt werden, die sie verwalten. Für den Schweizer Franken ist dies der SARON (Swiss Average Rate Overnight). Der LIBOR kann auf verschiedene Laufzeiten lauten (z. B.: ein Tag, eine Woche, drei Monate), während der alternative Zinssatz, der gewählt wurde, ein Tageszinssatz ist. Aus diesem Grund gibt es Methoden, mit denen man von diesem Tageszinssatz einen längerfristigen Zinssatz ableiten kann, und diese sollten berücksichtigt werden. Für konzerninterne Darlehen in Schweizer Franken wurde die Option «Last Recent» und die Verwendung der SARON Compound Rate gewählt.
Der Referenzsatz muss im Einklang mit den neuen Marktstandards stehen, die von Börseninstituten oder Zentralbanken, die die Verwaltung übernehmen, festgelegt werden. Zu berücksichtigen sind daher insbesondere:
- Die neuen Referenzzinssätze, die für jede Währung festgelegt wurden;
- Die Laufzeit des LIBOR-Satzes, der ursprünglich für die Berechnung des variablen Zinssatzes vorgesehen war;
- Der Berechnungsmethode zur Ermittlung längerfristiger Referenzzinssätze aus den neuen täglichen Referenzzinssätzen (z. B. SARON);
- Spreads, die von der International Swaps and Derivatives Association (ISDA) nach einer bestimmten Methode berechnet und vom Bankensektor unterstützt werden. Diese Margen sollen sicherstellen, dass die neuen Referenzzinssätze den LIBOR-Sätzen in Bezug auf das Risiko gleichwertig sind.
Jede Änderung der Bedingungen und/oder Konditionen eines konzerninternen Darlehens muss dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen. In diesem Zusammenhang sollte insbesondere analysiert werden, ob:
- die Darlehensbedingungen (z. B. Laufzeit, Risikoprämie, Anwendung eines festen Zinssatzes), die unter dem Vorwand der Ablösung des LIBOR revidiert wurden, in Übereinstimmung mit dem Fremdvergleichsgrundsatz geändert wurden; [Beispiel 1]
- die mögliche Kündigung eines Vertrags infolge der Ablösung des LIBOR den ursprünglichen Vertragsbedingungen entspricht und wirtschaftlich gerechtfertigt ist; [Beispiel 2]
- die ab dem 1. Januar 2022 geltenden Zinssätze korrekt berechnet wurden. Unter dieser Annahme ist eine Anpassung der Risikoprämie a priori nicht gerechtfertigt. [Beispiel 3]
Diese unterschiedlichen Situationen werden durch die folgenden Beispiele veranschaulicht:
Sachverhalt:
Im Jahr 2021 erhält die Tochtergesellschaft des ABC-Konzerns (Gesellschaft A) mit Sitz in der Schweiz von einer anderen Tochtergesellschaft (Gesellschaft B) des ABC-Konzerns ein Darlehen in Höhe von CHF 1 Milliarde mit einer Laufzeit von 5 Jahren. Auf der Grundlage einer Verrechnungspreisstudie ist der vertraglich festgelegte Zinssatz für das Darlehen zwischen den Gesellschaften A und B ein variabler Zinssatz, der dem 3-Monats-LIBOR zuzüglich einer Marge von 100 Basispunkten (bps) entspricht. Nach der Ablösung des LIBOR-Satzes im Jahr 2022 muss der Zinssatz des fraglichen konzerninternen Darlehens geändert werden. Zu diesem Zweck wird eine neue Verrechnungspreisstudie auf der Grundlage von Daten durchgeführt, die bei Abschluss des Darlehens zwischen A und B im Jahr 2021 verfügbar waren. Basierend auf dieser neuen Studie wird ab 2022 ein fester Zinssatz von 3 % auf das 2021 abgeschlossene konzerninterne Darlehen angewandt.
Lösung:
Es ist in erster Linie darauf abzustellen, was unabhängige Unternehmen unter vergleichbaren Umständen vereinbart hätten. In diesem Fall hätte eine unabhängige Bank ihren Kunden lediglich über die Ablösung des LIBOR und die Notwendigkeit informiert, für den noch laufenden Darlehensvertrag einen Alternativsatz zum LIBOR-Satz anzuwenden, wobei der Alternativsatz dem von den Nationalbanken validierten Referenzsatz entspricht. Darüber hinaus würde die Bank auch den von den Nationalbanken validierten Spread anwenden, um eine Äquivalenz mit dem LIBOR-Satz sicherzustellen.
Obwohl eine Verrechnungspreisstudie durchgeführt wurde, entspricht der ab 2022 angewandte Zinssatz (ein fester Zinssatz von 3 %) für das 2021 ausgehandelte Darlehen nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz. Unter ähnlichen Umständen hätten sich unabhängige Unternehmen, die zuvor durch einen solchen Vertrag gebunden waren, darauf geeinigt, einen Zinssatz anzuwenden, der den Empfehlungen der SNB entspricht. Dieser Zinssatz entspräche der Summe der folgenden Sätze/Margen:
- Der von der SNB gewählte alternative Zinssatz (SARON). Für das Beispiel wird ein illustrativer Zinssatz von 0,90 % verwendet.
- Eine Äquivalenzmarge, wie sie von der ISDA festgelegt und von der SNB empfohlen wird. Die in der nachstehenden Tabelle enthaltene Marge von 0,0031 % entspricht der von der ISDA für einen 3-Monats-Zinssatz in CHF ermittelten Marge.
- Die auf den Referenzsatz anzuwendende und ursprünglich zwischen den Parteien vereinbarte Vertragsmarge (100 bps) bei der Unterzeichnung des Vertrags im Jahr 2021.
Auf der Grundlage der obigen Ausführungen ist ein dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechender Zinssatz niedriger als der ab 2022 angewandte feste Zinssatz von 3 %. Folglich ist ab der Steuerperiode 2022 ein Teil der verbuchten Finanzaufwendungen nicht gerechtfertigt. Daraus resultiert eine verdeckte Gewinnausschüttung bzw. eine geldwerte Leistung, welche auf Basis der folgenden Berechnung zu ermitteln ist:

Sachverhalt:
Auf der Grundlage desselben Sachverhalts wie in Beispiel 1 beschliesst die Gesellschaft A im Jahr 2022, den Darlehensvertrag mit Gesellschaft B aufgrund der Ablösung des LIBOR zu kündigen. Diese Kündigung erfolgt ohne Entschädigung. Zwischen denselben Parteien wird ein neuer Darlehensvertrag mit einer Laufzeit von 5 Jahren vereinbart. Dieser neue Vertrag sieht einen festen Zinssatz von 3 % vor. Dieser Zinssatz wurde im Rahmen einer Verrechnungspreisstudie ermittelt, welche auf den Daten für vergleichbare Darlehen beruht, die im Jahr 2022 zwischen unabhängigen Unternehmen für eine Laufzeit von 5 Jahren abgeschlossen wurden.
Lösung:
In diesem Fall müssen mehrere Aspekte berücksichtigt werden. Erstens ist zu prüfen, ob die Vertragsklauseln eine vorzeitige Kündigung des Vertrags zulassen und wenn ja, unter welchen Bedingungen. In der Regel gehört die LIBOR-Ablösung nicht zu den Bedingungen, die zu einer vorzeitigen Kündigung des Darlehens führen können. Zweitens werden in Bedingungen zwischen Dritten von den Banken bei vorzeitiger Vertragsbeendigung in der Regel Entschädigungen vorgesehen, um zu verhindern, dass sie geschädigt werden. Drittens muss festgestellt werden, ob eine vorzeitige Kündigung wirtschaftlich gerechtfertigt ist. Diesbezüglich kann man vernünftigerweise davon ausgehen, dass der Darlehensnehmer den Vertrag nicht kündigen würde, wenn die aktuellen Marktzinsen nach Berücksichtigung etwaiger fälliger Entschädigungen nicht günstiger sind als der Zinssatz, der bei Vertragsabschluss vereinbart worden war. Auf der Grundlage dieser verschiedenen Elemente kann geschlossen werden, dass ein fremder Dritter den Vertrag unter ähnlichen Umständen nicht vorzeitig beendet hätte. Die Entscheidung von Gesellschaft A, den Vertrag zwischen ihr und Gesellschaft B vorzeitig zu beenden, hält daher einem Drittvergleich nicht stand.
Auf der Grundlage der obigen Ausführungen muss die steuerlich zulässige finanzielle Belastung also derjenigen entsprechen, die auf der Grundlage des gemäss dem ursprünglichen Vertrag vorgesehenen Zinssatzes berechnet wurde, da die vorzeitige Kündigung nicht gerechtfertigt ist. Dieser Zinssatz entspricht nach der Ablösung des LIBOR dem in Beispiel 1 in Übereinstimmung mit den Empfehlungen der SNB berechneten Zinssatz (0,90 % + 0,0031 % + 1,00 % = 1,90031 %). Die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung bzw. geldwerten Leistung beläuft sich somit auf CHF 10 969 000 (CHF 1 Milliarde * (3 % - 1,90031 %)).
Sachverhalt:
Auf der Grundlage desselben Sachverhalts wie in Beispiel 1 beschliesst die Gesellschaft B, den LIBOR-Satz durch einen alternativen Zinssatz zu ersetzen, der dem Interest-Rate-Swap-Satz (IRS) für 1 Jahr im Vertrag zwischen ihr und Gesellschaft A entspricht. Im Jahr 2022 liegt dieser IRS-Satz bei 2 %, während der von der SNB empfohlene alternative Zinssatz (SARON) nach Anpassung an einen variablen 3-Monats-Zinssatz 1,5 % beträgt. Die in diesem Beispiel aufgeführten Zinssätze sind rein illustrativ.
Lösung:
In diesem Fall hätte eine unabhängige Bank die Empfehlungen der SNB befolgt und somit einen Zinssatz auf der Grundlage des SARON und der Marge von 100 bps, die zwischen den Parteien bei Vertragsabschluss im Jahr 2021 vereinbart wurde, errechnet. Der Zinssatz, der demnach ab dem 1. Januar 2022 angewendet werden sollte, beträgt 2,5 % (d. h. 1,5 % + 100 bps). Folglich ist für die Steuerperiode 2022 ein Teil des verbuchten Finanzaufwands geschäftsmässig nicht begründet und muss korrigiert werden. Die verdeckte Gewinnausschüttung bzw. geldwerte Leistung beläuft sich auf CHF 5 Millionen (d. h. 0,5 % * 1 Milliarde), da der von Gesellschaft A bezahlte Zinssatz 3 % statt 2,5 % gemäss den Empfehlungen der SNB betrug.
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Letzte Änderung 20.01.2025