Diese Seite richtet sich an alle natürlichen und juristischen Personen, welche von Amtshilfeverfahren gemäss einem Doppelbesteuerungsabkommen betroffen sind.
Exchange of information on request (EOIR)
A. Allgemeiner Teil
2009 forderte die G20 das Global Forum dazu auf, rasch den internationalen Standard zur Transparenz und zum Informationsaustausch umzusetzen. Vor diesem Hintergrund zog die Schweiz ihren Vorbehalt gegenüber Artikel 26 des OECD-Musterabkommens zurück und verabschiedete diesen Standard per Bundesratsbeschluss. Daraufhin handelte die Schweiz mehrere neue Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) aus oder revidierte bereits bestehende DBA, um eine OECD-Standard-konforme Amtshilfeklausel darin aufzunehmen.
Auf internationaler Ebene
Die Amtshilfe ist in den DBA zwischen der Schweiz und anderen Staaten geregelt; in ihnen sind die Voraussetzungen für den Informationsaustausch festgelegt. In der Praxis ist die von der Schweiz gewährte Amtshilfe hauptsächlich in den DBA geregelt.
Manche Staaten, die kein DBA abgeschlossen haben, haben Steuerinformationsabkommen (TIEA) unterzeichnet. Diese Abkommen betreffen ausschliesslich den steuerlichen Informationsaustausch auf Ersuchen.
Das Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (MAC) ist die umfassendste multilaterale Übereinkunft in diesem Bereich; das MAC sieht mehrere Formen der Zusammenarbeit zur Bekämpfung von Steuerumgehung und Steuerbetrug vor.
Zu den Quellen der Amtshilfe gehört schliesslich auch das Soft Law (unverbindliche Regulierungen), das namentlich die Kommentare sowie weitere unverbindliche Texte umfasst, in denen Standards aufgestellt werden (Art. 26 OECD-Musterabkommen).
Auf nationaler Ebene
Zu den wichtigsten Quellen zur Regelung des Amtshilfeverfahrens gehören das Bundesgesetz vom 28. September 2012 über die internationale Amtshilfe in Steuersachen (StAhiG; SR 651.1) sowie die dazugehörige Verordnung (StAhiV; SR 651.11). Darüber hinaus kommt das Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021) zur Anwendung, sofern das StAhiG nichts anderes vorsieht.
Nach Artikel 1 Absatz 1 StAhiG regelt dieses Gesetz insbesondere den Vollzug der Amtshilfe beim Informationsaustausch auf Ersuchen einerseits nach den DBA und andererseits nach anderen internationalen Übereinkommen, die einen Informationsaustausch in Steuersachen vorsehen.
Die Artikel der internationalen Amtshilfeübereinkommen, die den internationalen Standard erfüllen, legen fest, ab welchem Steuerjahr die Amtshilfe gilt. In der Regel ist dies ab dem 1. Januar des Jahres, das auf das Inkrafttreten des Änderungsprotokolls des betreffenden Übereinkommens folgt.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör, der in Artikel 29 Absatz 2 der Bundesverfassung verankert ist, muss in sämtlichen Amtshilfeverfahren vor der Übermittlung der Informationen an ausländische Behörden beachtet werden. Wenn die in Artikel 21a StAhiG vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind, werden die betroffenen Personen ausnahmsweise erst nach der Übermittlung der Informationen an die ausländischen Behörden ins Bild gesetzt (vgl. auch die nachstehende Frage B.5).
Im Übrigen informiert die ESTV auch die (nicht formell vom Ersuchen betroffenen) beschwerdeberechtigten Personen über das Amtshilfeersuchen (Art. 14 Abs. 2 StAhiG). Die Zustellung darf jedoch nicht so umgesetzt werden, dass der tatsächliche Informationsaustausch dadurch verhindert oder in unzulässiger Weise verzögert wird.
B. Besonderer Teil
Das Verfahren wird mit der Einreichung eines Ersuchens durch die zuständige ausländische Behörde bei der ESTV eingeleitet, die überprüft, ob die Eintretensvoraussetzungen erfüllt sind.
Die ausländischen Behörden können um verschiedene Informationen ersuchen, anhand derer die steuerliche Situation ihrer Steuerpflichtigen geklärt werden soll, um so den vom Ersuchen angestrebten Zweck zu erreichen.
Es kann sich hierbei insbesondere um Bankdaten handeln (z. B. Kontoauszüge, Kontoeröffnungsunterlagen), um Informationen über Schweizer Gesellschaften (z. B. Steuererklärungen, Bilanzen und Erfolgsrechnungen, insbesondere wenn es um die Überprüfung von Verrechnungspreisen geht) und um persönliche Daten (z. B. Steuererklärungen, Adressen, bei Fragen zum Steuerdomizil).
Die Informationsbeschaffung erfolgt mithilfe einer Editionsverfügung, die der Informationsinhaberin oder dem Informationsinhaber zugestellt wird (Art. 9–12 StAhiG: Banken, Gesellschaften, kantonale Steuerverwaltungen usw.); diese Verfügung ist sofort vollstreckbar. Die ESTV verpflichtet die Informationsinhaberin oder den Informationsinhaber unter Androhung einer Geldstrafe, ihr die Informationen zu übermitteln.
Wenn die betroffene/beschwerdeberechtigte Person in der Schweiz ansässig ist, informiert die ESTV sie direkt über die wesentlichen Teile des Ersuchens (Art. 14 Abs. 1 StAhiG). Ist diese Person im Ausland ansässig, so ersucht die ESTV die Informationsinhaberin oder den Informationsinhaber, diese Person aufzufordern, in der Schweiz eine zur Zustellung bevollmächtigte Person zu bezeichnen (Art. 14 Abs. 3 StAhiG). Andernfalls informiert die ESTV die im Ausland ansässige Person direkt, sofern es zulässig ist, die Schriftstücke im betreffenden Staat durch die Post zuzustellen, oder die zuständige Behörde diesem Vorgehen ausdrücklich zustimmt (Art. 14 Abs. 4 StAhiG). Kann eine beschwerdeberechtigte Person nicht erreicht werden, so informiert die ESTV sie durch Veröffentlichung im Bundesblatt (Art. 14 Abs. 5 StAhiG).
Nach Artikel 21a StAhiG informiert die ESTV die betroffenen/beschwerdeberechtigten Personen ausnahmsweise erst nach Übermittlung der Informationen an die ersuchende Behörde. Hierzu muss die ersuchende Behörde glaubhaft machen, dass der Zweck der Amtshilfe und der Erfolg ihrer Untersuchung durch die vorgängige Information dieser Personen vereitelt würden.
Die ESTV erlässt eine Schlussverfügung, welche die Informationen enthält, die an die ersuchende Behörde weitergeleitet werden sollen (Art. 19 StAhiG). Diese Verfügung kann beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) angefochten werden. Weiter kann gegen einen Entscheid des BVGer eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht (BGer) eingereicht werden, sofern es sich um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung oder um einen aus anderen Gründen besonders wichtigen Fall im Sinne von Artikel 84 Absatz 2 BGG handelt.
Stimmen die betroffenen Personen der Übermittlung der Informationen zu, können sie eine Zustimmungserklärung unterzeichnen (Art. 16 StAhiG). Nach Eingang der Zustimmungserklärung aller betroffenen/beschwerdeberechtigten Personen werden die Informationen ohne Erlass einer Schlussverfügung an die zuständige Behörde übermittelt und das Verfahren ist damit abgeschlossen.
Tritt die ESTV auf das Ersuchen ein, übermittelt sie die ersuchten Informationen, sobald das Zustellungsverfahren abgeschlossen ist (rechtskräftige Schlussverfügung oder erteilte Zustimmung im Falle eines vereinfachten Verfahrens). Die ESTV ruft der ersuchenden Behörde im Rahmen der Übermittlung der Informationen in Erinnerung, dass sie insbesondere verpflichtet ist, das Spezialitäts- und das Vertraulichkeitsprinzip einzuhalten.
Tritt die ESTV hingegen nicht auf das Ersuchen ein, werden dem ersuchenden Staat keine Informationen übermittelt. Letzterer wird darüber sowie über den Abschluss des Verfahrens informiert.
Auch die Schweiz kann ausländische Behörden um Informationen ersuchen (Art. 22 StAhiG). Die interessierten Steuerbehörden richten in einem solchen Fall ihr Ersuchen um internationale Amtshilfe an das SEI (ESTV). Das SEI prüft das Ersuchen und entscheidet, ob die Voraussetzungen nach den Amtshilfebestimmungen des anwendbaren Abkommens erfüllt sind. Ist dies der Fall, leitet das SEI (ESTV) das Ersuchen an die zuständige ausländische Behörde weiter und begleitet das Amtshilfeverfahren bis zu seinem Abschluss. Gegen schweizerische Ersuchen um internationale Amtshilfe kann keine Beschwerde erhoben werden.
Kontakt
Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV
Hauptabteilung DVS
Informationsaustausch
in Steuersachen
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Letzte Änderung 27.11.2024