Eine Steuerexpertin oder ein Steuerexperte der MWST hat sich bei Ihnen angemeldet? Oder Sie erwarten, dass bald eine MWST-Kontrolle fällig werden könnte? Folgende Ausführungen zeigen Ihnen den möglichen Ablauf einer MWST-Kontrolle.
Ist es überhaupt notwendig, dass MWST-Kontrollen durchgeführt werden?
Die MWST ist eine Selbstveranlagungssteuer. Hier zeigt sich das Vertrauen des Staates in die einzelnen Unternehmen. Gleichzeitig entspricht dieses System aber auch einer effizienten und wirtschaftlichen Erfassungsweise. Diese Steuer deckt rund einen Drittel des Finanzhaushaltes des Bundes ab.
Das Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer ermächtigt die ESTV, MWST-Kontrollen durchzuführen (Art. 78 MWSTG). Diese MWST-Kontrollen tragen zur rechtsgleichen Behandlung der steuerpflichtigen Personen bei, orientieren aber auch über die korrekte Anwendung der steuerlichen Vorschriften sowie die zweckmässige Erfassung der Umsätze sowie der Vorsteuern.
Wie häufige Reaktionen von Unternehmen zeigen, wird es mitunter sogar geschätzt, wenn das Rechnungswesen einmal aus einer anderen Sicht beurteilt wird.
Fragen & Antworten zur MWST-Kontrolle
Die MWST-Kontrolle findet grundsätzlich an Ihrem Domizil zu den üblichen Geschäftszeiten statt. Auf Ihren Wunsch hin und nach entsprechender Vereinbarung kann die MWST-Kontrolle auch an einem anderen Ort vorgenommen werden, beispielsweise am Domizil der Treuhandgesellschaft. Es gilt in diesem Fall zu beachten, dass alle notwendigen Unterlagen an diesem Ort vorliegen müssen und zudem gewährleistet ist, dass die zuständigen und auskunftspflichtigen Personen im Bedarfsfalle anwesend sind.
Anmerkung: Nach Art. 73 MWSTG ist die ESTV befugt, Auskünfte kostenlos zu verlangen. Deshalb kann die ESTV keine Kosten übernehmen, welche im Zusammenhang mit einer MWST-Kontrolle entstehen.
Soll deshalb die MWST-Kontrolle bei der Treuhänderin bzw. beim Treuhänder stattfinden? Nicht unbedingt; erfahrungsgemäss befinden sich die meisten Unterlagen bei der steuerpflichtigen Unternehmung und es ist deshalb aufwendiger, die Belege an das Domizil der Treuhänderin bzw. des Treuhänders zu schaffen als deren oder dessen Unterlagen an Ihr Domizil. Ausserdem können Sie über Ihren Betrieb besser Auskunft geben, kennen Sie Ihre Unternehmung doch sicherlich besser als eine Drittperson.
Findet die MWST-Kontrolle – wie im Normalfall – an Ihrem Domizil statt, so müssen selbstverständlich auch alle von der Buchhalterin bzw. vom Buchhalter erstellten Unterlagen (u. a. die Buchungsbelege) bei Ihnen bereitgestellt werden.
Grundsätzlich: nein.
In welchem Ausmass die Mithilfe der zuständigen Personen notwendig sein wird, ist abhängig von Ihrer betrieblichen Situation. Bei der Einpersonen-Unternehmung kann die Anwesenheit geringer ausfallen und die Unternehmerin bzw. der Unternehmer kann zwischenzeitlich ihrer bzw. seiner Geschäftstätigkeit nachgehen. Die Steuerexpertin oder der Steuerexperte MWST wird sich zu Beginn der MWST-Kontrolle mit Ihnen hierüber absprechen.
Die Steuerexpertin oder der Steuerexperte MWST ist Ihnen dankbar, wenn Sie ihr oder ihm einen geeigneten Arbeitsplatz zuweisen, welcher über einen Stromanschluss verfügt. Der Umfang des Platzbedarfs ist wiederum abhängig von Ihrer Betriebsgrösse und der zu prüfenden Belegmenge, kann also variabel sein vom einzelnen Pult bis zum Sitzungszimmer.
Je nach Art der Ablage kann es notwendig sein, der Steuerexpertin oder dem Steuerexperten MWST den Zugriff auf andere Datenträger als Papier zu gewähren. In diesem Fall sind ihr oder ihm auch die erforderlichen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen sowie deren Handhabung zu erklären.
Anmerkung: An den elektronischen Datenaustausch wie auch an die Aufbewahrung solcher Daten werden besondere Anforderungen gestellt; wenden Sie sich im Falle solcher Verfahren für Einzelheiten an die ESTV.
In der Regel werden alle abgeschlossenen, noch nicht verjährten Steuerperioden kontrolliert, was üblicherweise vier Kalenderjahren entspricht.
Beispiele (Geschäftsabschluss per 31.12.):
- Die MWST-Kontrolle findet im Mai 2022 statt. Geprüft wird die Zeit vom 01.01.2017 bis mindestens 31.12.2020.
Die Finalisierung des Geschäftsjahres 2021 muss bis spätestens Ende des 2. Quartals 2022 vorgenommen werden. Die Berichtigungsabrechnung muss gegebenenfalls bis am 31. August 2022 eingereicht werden. Falls das Geschäftsjahr 2021 bereits vorher abgeschlossen ist, wird dieses ebenfalls geprüft; - Die MWST-Kontrolle findet im September 2022 statt. Geprüft wird die Zeit vom 01.01.2017 bis 31.12.2021.
Im Falle einer Nachbelastung (Differenzen per Saldo zu Gunsten der ESTV) wird auf dieser in der Regel ein sogenannter mittlerer Verfall eingesetzt. Dieser entspricht der durchschnittlichen Fälligkeit der Steuer der kontrollierten Periode. Nach Bezahlung der Nachbelastung erhalten Sie gegebenenfalls eine Verzugszinsrechnung; die Zinsberechnung beginnt mit dem mittleren Verfall und endet mit dem Datum Ihrer Zahlung.
Diese Verzugszinsrechnung resultiert unabhängig vom Inhalt der Nachbelastung; es ist also nicht von Belang, ob es sich um «leichte» oder «grobe» Fehler handelt. Im Weiteren handelt es sich bei der Verzugszinsrechnung nicht um eine Busse. Vielmehr stellt der Verzugszins eine Gleichstellung her zu jenen Unternehmen, welche ihren Pflichten rechtzeitig nachgekommen sind.
Die Steuerexpertin oder der Steuerexperte MWST ist im Rahmen von Art. 74 MWSTG strikte zur Geheimhaltung verpflichtet (Ausnahmen: Art. 74 Abs. 2 MWSTG). An nichtberechtigte Dritte dürfen keine Informationen weitergegeben werden. Bei bestimmten Unternehmen bestehen zudem besondere Vorschriften (Art. 68 Absatz 2 MWSTG).
Ja! Die Steuerexpertin oder der Steuerexperte MWST ist befugt, von auskunftspflichtigen Dritten kostenlos alle Auskünfte zu verlangen, die sich im Zusammenhang mit der Erhebung der Mehrwertsteuer ergeben (Art. 73 MWSTG). Hierzu kann auch die Vorlage oder Einreichung von Geschäftsbüchern, Belegen, Geschäftspapieren oder sonstigen Aufzeichnungen verlangt werden (Einschränkungen: Art. 73 Abs. 3 MWSTG).
Über die kaufmännische Buchführung orientieren die Art. 957 ff. des Obligationenrechts (OR). Auch Unternehmen, welche nicht der obligationenrechtlichen Buchführungspflicht unterliegen, sollten in ihrem eigenen Interesse ordnungsgemässe Geschäftsbücher führen. Dies umso mehr, als sie nach Art. 125 Absatz 2 Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) ohnehin verpflichtet sind, Aufzeichnungen über Aktiven und Passiven, Einnahmen und Ausgaben sowie Privatentnahmen und Privateinlagen zu führen.
Ungeachtet anderer Bestimmungen empfiehlt es sich für jede steuerpflichtige Unternehmung grundsätzlich auf Ende jedes Geschäftsjahres folgende Dokumente zu erstellen:
- Detailliertes Inventar der Warenvorräte;
- detaillierte Verzeichnisse der offenen Debitoren und Kreditoren;
- detaillierte Aufstellung über die angefangenen und nicht fakturierten Arbeiten und Dienstleistungen;
- detaillierte Aufstellung über die erhaltenen und geleisteten Vorauszahlungen;
Wichtig: Die Glaubwürdigkeit und die Beweiskraft ordnungsgemäss geführter Geschäftsbücher, die in Betriebsrechnungen und Bilanzen ausmünden, sind wesentlich grösser als jene blosser Aufzeichnungen ohne entsprechenden Abschluss.
Die Geschäftsbücher und Belege sind geordnet, lückenlos und systematisch je Geschäftsjahr klassiert bis zum Eintritt der absoluten Verjährung (10 Jahre nach Ablauf der Steuerperiode, in der die Steuerforderung entstanden ist; Art. 42 Abs. 6 MWSTG) aufzubewahren. Die Art. 957 OR und Art. 962 OR sind anwendbar.
Geschäftsunterlagen im Zusammenhang mit unbeweglichen Gegenständen sind während 20 Jahren aufzubewahren (Art. 70 Abs. 3 MWSTG).
Die Aufbewahrungsfrist für wichtige Dokumente verlängert sich weiter, wenn die absolute Verjährung noch nicht eingetreten ist.
Geschäftsunterlagen im Zusammenhang mit Gegenständen, bei deren Verkauf die Margenbesteuerung angewendet wird, sind vom Ankaufszeitpunkt bis zur Verjährung der mit Margenbesteuerung ermittelten Steuerforderung aufzubewahren.
Unter einer Prüfspur versteht man die Verfolgung der Geschäftsvorfälle sowohl vom Einzelbeleg über die Buchhaltung bis zur MWST-Abrechnung als auch in umgekehrter Richtung. Diese Prüfspur muss – auch stichprobenweise – ohne Zeitverlust jederzeit gewährleistet sein. Dabei ist nicht von Belang, ob und welche technischen Hilfsmittel zwecks Führung der Geschäftsbücher eingesetzt werden.
Die Prüfspur verlangt insbesondere:
- einen verständlichen Aufbau der Geschäftsbücher sowie verständliche Buchungstexte in Buchhaltung und Journalen;
- Belege mit Kontierungs- sowie Zahlungsvermerken;
- eine geordnete und systematische Klassierung und Aufbewahrung der Geschäftsbücher und Belege.
In Buchhaltungen mit Sammelbuchungen ist sicherzustellen, dass die Überprüfbarkeit mittels separater Journale gewährleistet bleibt.
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Letzte Änderung 12.06.2023